Dr. Vanessa Hirsch leitet den Fachbereich Sammlung am Altonaer Museum. Gemeinsam mit dem GfG-Ausstellungsteam hat sie die Wanderausstellung „Von Hier nach Dort“ für das Altonaer Museum weiterentwickelt.

23. Februar 2023 | Interview

Vanessa Hirsch / Über eine Kinderausstellung, die erwachsen geworden ist

Bevor unsere Navigationsausstellung „Von hier nach dort“ ins Altonaer Museum ziehen konnte, gab es ein bisschen was zu tun: Auch für Erwachsene spannend und Hamburg-spezifisch sollte sie werden. Mit welchen Mitteln das geklappt hat, verrät Kuratorin Dr. Vanessa Hirsch.



„Von hier nach dort. Unterwegs mit Kompass und Navi“ läuft jetzt seit gut drei Monaten im Altonaer Museum – ist das Ausstellungsthema in einer Hafenstadt wie Hamburg eigentlich ein Selbstläufer?

Themen mit maritimen Aspekten stoßen in Hamburg auf jeden Fall auf Interesse, und die Ausstellung wird sehr gut angenommen. Das gilt für Hamburger: innen, aber auch für Menschen von außerhalb, die unsere Stadt und ihre Museen besuchen. Wenn man den Hamburger Hafen vor Augen hat, fragt man sich ja auch direkt, wie all die Schiffe „von hier nach dort“ kommen.

Die Ausstellung wurde um einen ausführlichen Teil für erwachsene Besucher: innen ergänzt. War die Ausrichtung auf Kinder für das Altonaer Museum zu eng?

Da wir wissen, wie viel Erzählenswertes im Thema Navigation steckt, war für uns von Anfang an klar, dass wir gerne mehr erzählen wollten als in der Wanderausstellung vorgegeben. Hinzu kommt, dass wir im Altonaer Museum über eine wunderbare und reichhaltige Sammlung zu nautischen Instrumenten verfügen. Diese Objekte wollten wir unbedingt zeigen.

Das Altonaer Museum verfügt über eine starke museale Sammlung zum Thema Navigation, darunter eine Vielzahl nautischer Instrumente.

Die meisten Kinder im Museum bringen doch ihre Eltern oder Großeltern mit.

Darüber hinaus gibt es aber noch einen ganz praktischen Grund: Die meisten Kinder im Museum bringen doch ihre Eltern oder Großeltern mit. Und in einer Stadt wie Hamburg kennen sich viele der erwachsenen Begleitpersonen sehr gut mit unserem Thema aus und freuen sich dann sehr, wenn sie noch mehr entdecken und dann auch ihren Kindern erklären können.

Wie seid ihr vorgegangen, um die Ausstellung für erwachsene Besucher: innen fortzuschreiben?

Wir haben die Grundstruktur der Wanderausstellung übernommen, aber jedes Thema Hamburg-spezifisch erweitert. Dafür haben wir uns überall in der Stadt auf die Suche gemacht nach Aspekten, die mit „Von Hier nach Dort“ zu tun haben. Wir sind auf die Seezeichen an der Elbe gestoßen, natürlich auf den Hafen, aber auch auf ganz alltägliche Dinge wie die Haltestellenansagen in der U-Bahn oder die Linienpläne des Hamburger Verkehrsverbundes. Außerdem haben wir bei den Hamburger Lotsenbrüderschaften gefragt, wie Lotsinnen und Lotsen heute arbeiten.

„Wir haben uns überall in der Stadt auf die Suche gemacht nach Aspekten, die mit VON HIER NACH DORT zu tun haben.“

Gleichzeitig haben wir auch in die Vergangenheit geschaut und erzählen zum Beispiel, wo es Navigationsschulen gab oder welche Hamburger Firmen Navigationsinstrumente hergestellt haben und zum Teil noch immer herstellen. So haben am Ende alle Themen einen Hamburg-Bezug bekommen.

Was sind die wesentlichen Unterschiede zwischen den beiden Ausstellungsbereichen?

Ich habe beobachtet, dass die Besucherinnen und Besucher die Ausstellungsbereiche gar nicht als unterschiedlich wahrnehmen. Grundsätzlich bewegen sie sich von Thema zu Thema und suchen sich jeweils die Angebote aus, die sie persönlich interessieren. In unseren Ergänzungen haben wir auf interaktive Angebote verzichtet und bieten mehr Texte und Erläuterungen – also Dinge, die meistens eher von Erwachsenen gemocht werden. Aber es gibt auch interessierte Kinder, die diese Inhalte gerne nutzen.

Das heißt, das Erlebnis für Kinder und Erwachsene überschneidet sich? 

Wir sehen oft, dass Eltern oder Großeltern mit ihren Kindern durch die Ausstellung gehen. Die Kinder finden zunächst vor allem die Mitmachstationen interessant und ziehen die Erwachsenen mit in diese spielerischen Teile der Ausstellung. Die Erwachsenen schauen sich dann oft noch weiter um und zeigen den Kindern wiederum ihre spannendsten Funde. Deshalb würde ich von einem Miteinander sprechen, und das freut mich sehr!

GfG-Ausstellungsexpertin Marthe Trottnow (l.) und Vanessa Hirsch arbeiteten für die Fortschreibung der Ausstellung in den vergangenen Monaten eng zusammen.

Wie hat euer Stammpublikum die Ausstellung angenommen?

Unser Stammpublikum freut sich sichtlich, dass wir das Thema aufgegriffen haben. Viele finden es toll, dass wir so viele besondere Objekte aus unserer eigenen Sammlung der Stiftung Historische Museen Hamburg zeigen, zum Beispiel die Kronenkompasse aus dem 18. Jahrhundert oder einen frisch restaurierten niederländischen Seeatlas aus dem frühen 18. Jahrhundert. Ihnen gefällt aber auch, dass wir keine rein historische Ausstellung gemacht haben, sondern Themen aus der Gegenwart und der Zukunft vorkommen. Zum Beispiel blicken wir auf die Themen „Autonomes Fahren“ und „Automatisierter Hafen“ oder zeigen, gemeinsam dem Projekt „Sneakerjagd“, was mit unseren abgelegten Turnschuhen passieren kann.

„Vielen gefällt, dass wir keine rein historische Ausstellung gemacht haben, sondern Themen aus der Gegenwart und der Zukunft vorkommen.“

Insgesamt ist der Wissensdurst bei dem Thema enorm und viele wünschen sich sogar „noch mehr“. Vielleicht müssen wir demnächst eine weitere Ausstellung zum Thema Navigation machen? Aber erst einmal freue ich mich, dass „Von hier nach dort“ so gut läuft.

Hast du ein persönliches Lieblingsthema oder -objekt?

Eines meiner Lieblingsthemen ist der Hamburger Zeitball, den viele der Älteren tatsächlich noch in Erinnerung haben, denn die Zeitball-Anlage wurde erst 1963 gesprengt. Der Zeitball war ein großer Ball, der täglich um Punkt 12 Uhr von einem Turm am Kaispeicher A fiel. So konnten Seeleute im Hamburger Hafen ihre Borduhren auf die Sekunde genau stellen. Eine exakt gehende Uhr war für die Bestimmung des Längengrads enorm wichtig. Heute erhebt sich am alten Standort des Kaispeichers A die Elbphilharmonie als Landmarke.


Marthe Trottnow und Virgil Guggenberger / Über die Mitmachausstellung „Von hier nach dort“

Wie haben wir eigentlich navigiert, bevor es Apps gab, und warum ist dieses Wissen heute noch cool? Designerin Marthe Trottnow und Kurator Virgil Guggenberger verraten uns, wie sie das Thema Navigation in einer Ausstellung kindgerecht verpackt haben. [...]



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