/// Themen 




News

Bildung und Forschung

Letterpress im Medienhaven: Eintauchen in die Kunst des alten Druckhandwerks

29. Juni 2023

Der Medienhaven im Bremer Viertel ist eine der wenigen verbliebenen traditionellen Druckereien. Unsere beiden Auszubildenden Hanna Marie Stier und Lyn Wünker fanden dort in den vergangenen Wochen einen Arbeitsort, der mal ganz anders war als Agentur oder Berufsschule.

Individuelle Produkte, 1A-Qualität und Nähe zu den Kund:innen: der Medienhaven im Bremer Viertel.
Peer Rüdiger und sein Team bieten hier ein überzeugendes Gegenmodell zu großen anonymen Online-Druckereien.

Die beiden angehenden Mediengestalterinnen durften zusammen mit Inhaber Peer Rüdiger an alten Maschinen und mit klassischen Drucktechniken herumexperimentieren und ein internes GfG-Druckobjekt umsetzen. Absolutes Lieblingsprojekt der beiden: die Arbeit mit der Letterpress-Druckmaschine. Die ist – auch dank Peers liebevoller Pflege – schon optisch ziemlich eindrucksvoll. Und wer damit umzugehen weiß, kann Buchstaben und Designs drucken, die nicht nur sichtbar, sondern fühlbar werden.

Lyn erklärt, wie es geht: „Aus unserem Design im PDF-Format haben wir mithilfe von Nyloprint eine Druckform erstellt. Das passiert durch das Belichten und anschließende Härten des Nylos. Die fertige Druckform haben wir dann in die Hochdruckmaschine eingesetzt und mit viel Druck auf sehr dickes Bierdeckelfilzpapier geprägt. Dabei ist dieser fühlbare Effekt entstanden. Jedes unserer Stücke hat eine einzigartige Textur.“

Ein wenig überrascht waren Hanna und Lyn, wieviel Kraft sie für die Maschine aufbringen müssen. „Wir haben die Walze über ein Fußpedal bedient“, erzählt Hanna. „Bei Peer sah das total mühelos aus, aber wir brauchten einiges an Übung, bis es ging.“

Eine weitere Herausforderung: mehrfarbig drucken. Das geht nur Farbe für Farbe in mehreren Druckgängen und erfordert ein absolut präzises Ausrichten. „Das kann schnell mehrere Stunden in Anspruch nehmen“, berichtet Hanna. „Dafür hat man am Ende aber auch ein wirkliches Unikat in der Hand.“

Neben ihren Drucksachen für die Agentur nehmen die beiden von den Medienhaven-Exkursionen eine Menge guter Erfahrungen mit: „Peer hat uns nicht nur viel Wissen und seine Liebe zum Druckhandwerk vermittelt, sondern er hatte auch zu jeder unserer Fragen eine richtig gute Geschichte parat“, so das Resümee von Lyn. Das sieht Hanna ähnlich: „Für uns war die Zusammenarbeit mit Peer und die Arbeit im Medienhaven ein Erlebnis. Sehr cool, dass es diesen einzigartigen Ort gibt und wir die Chance hatten, ihn zu erkunden!“


Über den Medienhaven:

Im Bremer Viertel, genauer gesagt in einer 150 Jahre alten Kutschenremise im idyllischen Hinterhof mitten im Steintor, arbeitet das Medienhaven-Team.

Hier werden Druckprodukte gefertigt, die in großen Online-Druckereien nicht machbar sind. Visitenkarten auf edlem Karton, veredelt mit Heißfolierungen, Prägungen oder Farbschnitt. Musterschachteln, Kleinauflagen, Etiketten, edle Privatdrucksachen, handgenähte Bücher, aber auch sogenannter Schmorkohl, also alltägliche Drucksachen wie Postkarten, Flyer, Broschüren und Klappkarten. Darüber hinaus werden überregional Produkte für Kulturschafffende und Museen gefertigt, Ausstellungsdrucke, Kataloge, Broschüren, Magazine, Archivdigitalisierungen und sogenannte „Fakes“, also originalgetreue Repliken.

Für diese Arbeitsprozesse werden teils uralte Maschinen, Buchdruck-Tiegel, Prägepressen und Andruckpressen, aber auch modernste Digitaldruckmaschinen und spezielle Scanner eingesetzt. Dieser Maschinenpark und die oft speziellen Aufträge erfordern ein breites Spektrum an Fachwissen. Deswegen arbeiten in der Steintor-Presse, der Druckerei des Medienhavens, DruckerInnen, Buchbinderinnen, Schriftsetzerinnen und ein Drucktechniker. Ergänzt werden sie durch einen Lithographen und eine Mediengestalterin, bei denen die eingehenden Druckdaten geprüft und vorbereitet werden.

Im engen Kontakt mit den Kund:innen werden die Arbeitsprozesse abgestimmt und Andrucke gefertigt, um den Endkund:innen einen optimalen Eindruck des endgültigen Produktes zu vermitteln. Wenn nötig, werden dann noch letzte Farb- und Textkorrekturen an den Dateien vorgenommen. Ein Arbeitsprozess, welcher allen Beteiligten Sicherheit gibt und welcher in der reinen Online-Welt immer seltener wird. Durch den firmenübergreifenden Arbeitsfluss wird aber auch Fachwissen weitergegeben und sorgt so für eine Reprofessionalisierung der ganzen Arbeitskette. Wenn nötig, werden den Kund:innen Fachbegriffe und technische Notwendigkeiten erklärt. 

Der Medienhaven produziert seit fast 30 Jahren ganz bewusst mit dieser Mischung aus Alt und Neu und bewährten Workflows. Der direkte Kontakt mit den Kund:innen und Lieferant:innen ist gewollt und hat direkte Auswirkungen auf die Arbeits- und Produktqualität. Der lokale Bezug und die Möglichkeit, die Druckerei für einen kurzen Schnack zu besuchen oder in der angeschlossenen Papeterie zu stöbern, ist in der heutigen Zeit ein Gegenmodell zu zunehmenden Anonymisierung durch die Online-Welt. 

Website: https://medienhaven.de