Stephan ist Mitbegründer und Geschäftsführer der GfG. Er hat seinen Schwerpunkt im Bereich der Kommunikationsstrategie und visuellen Kommunikation und pflegt eine gefürchtete agenturinterne Zitatesammlung.
Stephan, woher kommen eigentlich deine Ideen?
Ich lese gerne. In letzter Zeit weniger Bücher, sondern eher die kurzfristigen Dinge: Artikel aus der „Zeit“, vieles online, Häppchensachen. Und ich habe eine Neigung zu Trivialkultur und zu den Versatzstücken unserer Gegenwartskultur – von den griechischen Sagen über Comics bis hin zu Filmkultur, Hollywood, TV-Serien. Sachen, die keine besondere kulturelle Höhe haben, die aber die Menschheit und unsere Gegenwart prägen.
Das interessiert mich. Und aus diesem Pool kann ich ganz gut schöpfen. Er ist auch sehr dankbar, weil natürlich alle Leute sie kennen – das ist das Wesen von Trivialkultur! Ich kann gut an Dinge andocken, die kollektive Erinnerungen von uns sind: Sesamstraße, Colt Seavers, Hart aber herzlich, die Bibel, Karl May.
Du bist ein gefürchteter Zitatesammler ...
Da muss ich ja nur zuhören! Ich habe bereits in der Schule Zitate gesammelt und die Abi-Zeitung damit gefüllt. Ansonsten sammle ich äußerst gerne, nicht kuratorisch, seltenst vollständig, aber immer so punktuell. Ein Haufen Comics, historische Wertpapiere, Filmplakate ...
Wie bist du dazu gekommen, Grafikdesign zu studieren?
Ich hatte zwei Talente: Ich konnte einigermaßen gut zeichnen und ich konnte einigermaßen gut schreiben. Und dann hatte ich die Wahl zwischen einem Journalistikstudium in Münster und dem Studium an der Kunstakademie. Ich habe mir die Akademie angeschaut, aber das war mir zu ziellos. Ich brauchte den Dialogpartner, der die Aufgabe reinbringt. Und vorm Schreiben hatte ich ein bisschen Respekt. Ich habe es dann einfach mit Visueller Kommunikation an der Fachhochschule für Gestaltung probiert. Das Faible für die anderen Sachen habe ich mir aber beibehalten. Deshalb bin ich auch derjenige, der am ehesten für Corporate Publishing oder den Textbereich steht.
Deshalb arbeitest du in der GfG eher konzeptionell als gestalterisch?
Mein Werkzeug ist die zweidimensionale Gestaltung. Da komme ich her. Mein Aufgabenfeld ist aber eher die konzeptionelle Gestaltung, die Konzeption von Maßnahmen, Medien und so weiter. In Abgrenzung zum klassischen Grafikdesigner, der seinen eigenen Stil entwickelt hat und für bestimmte Sachen gebucht wird, stehe ich auf der anderen Seite der Verwertungskette. Es gibt Leute, die sind in ihrem Fachbereich groß geworden, wie der Typograf Erik Spiekermann. Das ist toll, ist aber nicht mein Weg. Ich bin eher den Weg des Generalisten gegangen.
Was interessiert dich am Konzeptionellen?
Ich habe ein wenig das Helfersyndrom. Ich sehe Kunden, Leute, Marken, Unternehmen, Produkte vor mir und erkenne, dass die eine gewisse Notlage haben. Manchmal hilft es, den Kunden zu fragen: Was ist denn euer konkretes Leiden? Dann kriegt man eine relativ klare Antwort, was man eigentlich tun soll. Es hat mich immer gereizt, mit den Mitteln zu helfen, die mir zur Verfügung stehen: gestalterische, kommunikative. Das zahlt auf etwas ein, was sehr schön ist, nämlich mit Menschen zusammenzuarbeiten und ihnen etwas Gutes zu tun. Das Feedback ist, dass viele hinterher dankbar sind und wiederkommen. Daraus entstehen dauerhafte Kundenbeziehungen, die häufig in Freundschaften münden. Das ist ein schöner Aspekt.
Was kickt dich so richtig? Wann legst du mit großer Begeisterung los?
Vielfach komme ich beim Lesen oder Durchstöbern auf ein interessantes Fundstück. Ich schleppe eine ganze Menge Sachen mit mir rum, die mich immer wieder begeistern. Das Sammelbildchenalbum zum Beispiel. Das ist so gut, weil es an etwas Kindliches anknüpft, an das Grundbedürfnis des Menschen, zu sammeln und zu tauschen, an Ordnung schaffen oder auch an das Chaotische in den Tütchen. Vieles ist einfach Zufall. Ich recherchiere nicht, ich sammle.
Deine Arbeitsweise ist also nicht sehr analytisch?
Die Analyse steht bei mir nicht am Anfang des Prozesses. Ich reiche sie gerne nach und sie ist dann oft auch sehr überzeugend. Ich lege dem Kunden die strukturiertesten Präsentationen, Herleitungen und Argumentationen vor – textlich und visuell. Das macht mir großen Spaß. Deswegen werde ich von Kunden gerne mal um Vorstandspräsentationen gebeten.
Glaubst du, dass du als Gestalter eine Verantwortung hast?
Ja, habe ich. Und zwar gar nicht mal so sehr den Menschen gegenüber, sondern in erster Linie gegenüber der von ihnen vertretenen Marke. Viele Marketingleute, Geschäftsführer, Entscheider auf der Kundenseite gehen zum Teil fahrlässig mit ihren Schutzbefohlenen um. Die Marke hat aber auch eine Persönlichkeit, die zum Teil älter ist als die Menschen, die sich damit beschäftigen.
Ein gutes Gefühl dafür zu haben, was in der Marke steckt, wohin sie will, wohin man sie entwickeln kann – das ist möglicherweise wie ein kleines Kind, das man an die Hand nimmt. Heute werden viele vertrieblich getriebene Entscheidungen vorgenommen. Da muss man mit Kunden auch mal in die Kontroverse gehen.
Bist du ein inhaltsgetriebener Mensch?
Ich entwickle Inhalte weniger strategisch, sondern mache das eher auf eine humorvolle und subversive Art. Es gibt einen Teil Pflichterfüllung, und es gibt den abgefahrenen Teil. Die Kunden bekommen neben der Standard- auch die Kreativlösung präsentiert. Mein Handlungsschema ist: Ich höre mir an, was der Kunde will, und diskutiere nicht am ersten Punkt des Prozesses über etwas, dessen Wirkung er sich so abstrakt noch gar nicht vorstellen kann. Ich hole ihn später mit einem überzeugenden Vorschlag ab. Das funktioniert in der Tat erstaunlich oft.
Was würdest du sehr gerne einmal machen?
Das Naheliegende ist, für einen Kunden ein wirklich gutes Magazin herauszubringen. Mit Themen zu arbeiten, die sich nicht nur aus einem Unternehmen heraus ergeben, was sich bei den allermeisten sehr schnell erschöpft, sondern mit einer Themenwelt, in der sich das Unternehmen bewegt. Das macht großen Spaß.
Das andere wäre, einen Zeppelin zu gestalten und über Städte fliegen zu lassen. Das ist ein Sinnbild für etwas Großes, Majestätisches. Eine gescheiterte Technologie – aber eine Eleganz, eine Ruhe, eine Wucht trotz der Leichtigkeit, die ich toll finde!