Seit 1994 betreut Björn als Gründungsmitglied und Geschäftsführer der GfG Kund:innen und Projekte unter anderem aus den Bereichen Food und Konsumgüter. Seine Schwerpunkte reichen von der Ideenfindung mit Hilfe verschiedener Kreativitätstechniken bis zur Innovationsberatung in der Produktentwicklung.
Björn, welche Projekte sprechen dich ganz besonders an?
Das sind kompakte Projekte, bei denen man sehr zugespitzt arbeiten kann und Kreation ganz vorne steht. Außerdem mag ich Projekte, bei denen man einem Kunden zur Lösung verhelfen kann, wenn er feststeckt. Klickmomente zu ermöglichen, das finde ich ganz großartig.
Mir macht es richtig Spaß, komplexe Beratungsmethoden in Illustrationen umzusetzen. Ich komme ursprünglich aus der Illustration und liebe es, mit ein paar Strichen Ideen auf ein Blatt zu hauen. Zeichnen ist eine Methode, um Sachen zu zerlegen und einen Sinn hineinzubringen. Eine Karikatur bringt das manchmal sehr gut auf den Punkt. Ich mag es, wenn man mit kreativer Leistung, Form, Farbe und spielerischem Zugang Impulse setzen und überraschen kann.
Hast du schon immer gezeichnet?
Ich wollte als Jugendlicher gerne Comiczeichner werden. Ich weiß noch, dass ich als Teenie im Urlaub mit meinen Eltern in einem Hotelfahrstuhl Karikaturen gesehen habe. Die fand ich toll, weil sie lustig gezeichnet und schön koloriert waren. Ich mochte ganz früh auch schon bestimmte Cartoonisten, zum Beispiel Sempé.
Dieser eher karikaturhaft verkürzte Blick ist für mich
ein Zugang zur Gestaltung. Der andere ist es, Geschichten erzählen zu wollen. Die sind am besten auf ein ganz kurzes Panel eingedampft. Vereinfachende Geschichten aus einem Strich.
Und dann hast du deine Neigung zum Beruf gemacht ...
Es war eine Bauchentscheidung, im Feld der Kreativität zu arbeiten. Ich habe mich lange mit der Frage herumgeschlagen, ob es eine Lebensperspektive ist, mit Kreativität Geld zu verdienen. Der Kopf hat zwischengehakt und gesagt: Musst du nicht etwas viel Ernsteres machen, um die Welt zu retten? Vielleicht Medizin oder Jura studieren? Ich war als 18-Jähriger sehr beunruhigt über die Gesellschaft, die politische Situation und die Umweltentwicklung. Darf man da so etwas Leichtfüßiges wie Grafikdesign machen? Nach drei Semestern Jura hat der Bauch gewonnen: Nee, also Jura, das ist es nicht. Sei ehrlich zu dir!
Wir hatten schon während des Studiums an der Hoch- schule für Künste die GfG gegründet. Wir wurden zu einer richtigen Firma und da wurde es ernst! Ich musste auch relativ bald davon leben, weil 1993 meine Tochter geboren wurde. Ich habe mir gesagt, du musst es durchziehen und Geld verdienen. Das war mein Schritt zur Berufsentscheidung. Das andere war viel Kopfkino.
Hattest du eigentlich mal das Gefühl, du müsstest für bestimmte namhafte Kunden arbeiten?
Genau das hatte ich in der Anfangszeit. Da waren wir noch ein kleinerer Laden und in der Findungsphase. Da fand ich es eine unheimlich coole Idee, Adidas als Kunden zu ha- ben. Das ist damals im Sande verlaufen. Das mit den großen Kunden hat sich dann glücklicherweise von selbst ergeben.
Wie findest du Ideen und wann ist eine Idee für dich gut?
Einer der berühmtesten Sprüche meines Illustrations-Professors Bernd Bexte war: „Das ist schön, aber hast du die Skizze noch?“ Er hat uns ermutigt, den ersten lockeren Strich zu schätzen, immer noch einen Schritt mehr zurück- zugehen und noch einfacher zu werden.
Gut ist eine Idee, die man schnell versteht, die zugespitzt und originell ist. Gute Ideen sind auf jeden Fall relevant.
Einen kleinen „turn“ weiterzudrehen als bisher, das ist oftmals entscheidend. Eine Kombination aus Sachen, die man kennt, aber in der Form noch nicht zusammengebracht hat. Das steckt auch in guten Grafikdesigns – es geht meistens darum, zwei Komponenten zusammenzubringen, die man exakt so zusammen noch nicht gesehen hat. Originell eben.
Bist du beim Arbeiten eher ein analytischer oder ein assoziativer Mensch?
Im ersten Moment schon eher analytisch. Ich versuche, mich erst richtig in das Feld reinzudenken. Wenn man die richtigen Fragen stellt, hat man diese Momente, in denen man merkt: Klasse, über diese Fragen haben die Kunden noch nicht nachgedacht! Und darüber hätte ich vielleicht auch nicht nachgedacht, wenn wir nicht an diesen Punkt gekommen wären. Da entstehen Klickmomente.
Wir arbeiten inzwischen zu Beginn eines Projektes oft mit Kreativ-Workshops. Sie sind ein Mittel, um besser gebrieft zu sein und dem Kunden eine klarere Vorstellung für seine Ziele zu geben. Wir sind zum Beispiel für einen Leitbildprozess mit den fünf Chefs eines Unternehmens in eine Turnhalle gegangen. Was wie eine Binsenweisheit klingt, dass der Ort viel mit dem Ergebnis zu tun hat, funktioniert tatsächlich.
Was ist für dich ein guter Ort zum kreativen Arbeiten?
Super ist die Dachterrasse: einfach rausgehen bei gutem Wetter und auf den Bänken rumlümmeln. Sonne, Luft, draußen sein. Allein schon die lockere Sitzhaltung nimmt das Förmliche und die Hierarchie und lässt einen mehr sprechen. Man denkt dann nicht so viel an rationale Prozesse wie am Konferenztisch.
Einen von unseren Workshop-Räumen zu nutzen hilft auch, weil man mit Kreide auf Tafeln herummalen kann. Oder ein ganz kleiner Raum, die Teeküche, in der man eng zusammensteht und eigentlich etwas anderes macht. Zum Beispiel eine zu rauchen – das machen die wenigsten inzwischen noch. Die kleine Privatwohnungsküche in unserem alten Büro war einer der coolsten Orte! Bei einer Raucherpause hatte man diese fünf Minuten Zeit plus Chance auf Verlängerung für den Ideenaustausch. Wir leben heute gesünder, aber ideenärmer! (lacht) Nein, im Ernst, heute haben wir dafür bessere Mittel ...
Du hast auch Spaß daran, deine Kunden in ungewöhnliche Situationen zu versetzen, oder?
Ja, das stimmt. Aber es ist nicht die pure Lust am Verunsichern, sondern ganz schön erfahrungsgetrieben und muss konzeptionell passen. Wir sind ja nicht in erster Linie Berater, die per Intervention versuchen zu verunsichern. Ja, aber wir haben Spaß daran, absichtlich mal Dinge anders zu machen. Cool.
Echte Anarchisten sind wir natürlich nicht. Aber im Vergleich zu konservativen Industrien sind wir schon anarchistisch. Wenn ein Kunde zum fünfzehnten Mal für einen Workshop in ein Kongresshotel gehen will, dann kann ich schon sehr vehement vertreten, dass das eine schlechte Idee ist, weil die Wirkung dann nur halb so gut ist.
Gibt es ein Thema, das du gerne einmal machen würdest?
Bestimmt viele. Adidas! Dann aber auch richtig! Aber ich weiß heute, dass die Momente, in denen ich so richtig happy bin, nicht davon abhängen, ob Adidas draufsteht, sondern vielmehr von den Menschen und der Aufgabe. Auf jeden Fall wünsche ich mir immer wieder eine neue Herausforderung!