Webentwicklerin und -designerin Pia de Armas hat die vergangenen sieben Monate in Spanien gelebt und gearbeitet.

29. November 2022

100 Prozent Remote, 100 Prozent Spanien: Interview mit Pia de Armas

Als unsere Kollegin Pia de Armas vor sieben Monaten in den Flieger nach Barcelona stieg, war ihr wichtigstes Gepäckstück ein Laptop. Den Job in der GfG wollte sie für den Auslandsaufenthalt nämlich nicht auf Eis legen. Wie es geklappt hat mit der Workation und wo es sie in Zukunft hinzieht, erzählt sie im Interview.



Hallo Pia. Du bist gerade aus Spanien nach Bremen zurückgekehrt, mitten im nasskalten Spätherbst. Ist dir das schwer gefallen?

Pia: Ich konnte mir das bis zum Ende gar nicht wirklich vorstellen, wie es sein würde. Mein letzter Stopp vor der Rückkehr nach Bremen war auf den Kanaren, bei 25 Grad und Sonnenschein. Und klar, kannte ich den Wetterbericht für Bremen. Aber dann tatsächlich hier in die Kälte zu kommen, das war schon krass. Ich bin auch erstmal ein paar Tage krank gewesen.

Für alle, die dich noch nicht kennen – magst du kurz erzählen, warum du die vergangenen Monate im Ausland verbracht hast?

Pia: Die Idee dazu hatte ich schon vor längerer Zeit. Ich habe nach meinem Schulabschluss direkt Praktika absolviert, erst ein Studium und dann schließlich meine Ausbildung bei der GfG angefangen. Eine Auszeit, wie sie sich viele erstmal gönnen, hab ich damals nicht gemacht – das wollte ich gerne nachholen. Ursprünglich wollte ich direkt nach meiner Ausbildung im Frühjahr 2020 für ein halbes Jahr nach Spanien gehen. Ich hatte das schon alles mit meinen Vorgesetzten hier bei der GfG abgesprochen, hatte ein Stipendium organisiert und mit einer Freundin, mit der ich zusammen reisen wollte, eine Wohnung in Barcelona gesucht. Und dann kam Corona und hat uns einen Strich durch die Rechnung gebracht.

Zwei Jahre später hat es dann endlich geklappt.

Pia: Ja, wir haben den Plan nicht aus den Augen verloren, auch wenn es etwas gedauert hat. Zum Glück konnte ich in der Zwischenzeit für die GfG weiterarbeiten. Und Corona hat mir dann in gewissem Sinne auch ein bisschen in die Karten gespielt, weil das Arbeiten im Homeoffice und der digitale Austausch zur Normalität geworden sind. So ist dann bei mir auch die Idee entstanden, dass ich dieses Mal meinen Job nicht auf Eis lege, sondern von Spanien aus weitermache.

Immer mit dabei: den Laptop.
In Spanien zog es Pia zum Arbeiten auch mal nach draußen.

Das heißt, es waren schon alle Strukturen vorhanden, damit du über mehrere Grenzen hinweg remote arbeiten konntest? Oder musstest du zusätzliche Vorkehrungen treffen?

Pia: Tatsächlich war schon alles vorhanden. Ich habe mein Team natürlich trotzdem im Vorfeld gefragt, ob es für alle vorstellbar wäre, dass ich mich für mehrere Monate aus dem Ausland dazuschalte. Da hatte zum Glück niemand Bedenken. Im Nachhinein kann ich auch sagen, dass das alles wirklich gut geklappt hat. Auf den Kanarischen Inseln musste ich zwar oft zweimal überlegen, wann ich in ein Treffen muss, weil es dort eine Stunde Zeitverschiebung gab. Aber das war auch schon die größte Herausforderung.

Der Job ist gleich geblieben, aber der Alltag in Barcelona war wahrscheinlich schon anders als in Bremen, oder?

Pia: Auf jeden Fall. Ich habe allerdings auch meine Arbeitsstunden etwas reduziert, um mehr Zeit für die Stadt und für Ausflüge zu haben. Mein Tag sah meist so aus, dass ich früh aufgestanden bin, mir einen Kaffee geholt habe und dann schon um acht, halb neun am Rechner saß. Dafür konnte ich früh Feierabend machen, die Stadt anschauen, an den Strand gehen oder ins Umland fahren. 

Ich habe in El Born gewohnt, dem Künstlerviertel im Zentrum der Stadt, dort herrschte immer Trubel. Und auch überall sonst war etwas los. Ich erinnere mich an einen Abend, als wir zu einer Veranstaltung in einem anderen Teil der Stadt wollten und auf dem Weg dorthin sind wir an drei anderen Veranstaltungen vorbeigekommen und haben es am Ende gar nicht mehr zu unserem eigentlichen Ziel geschafft. Es gab so viel zu entdecken, dass mir abends immer die Füße wehtaten vom vielen Laufen.

Pia hat in Barcelona in El Born gelebt, einem Stadtteil im Zentrum.
Von ihrer Wohnung in einem der typischen Stadthäuser war es nicht weit zu den Sehenswürdigkeiten der Stadt.
Dass immer und überall etwas los war, gehörte zum Alltag in Barcelona dazu.

Wie hast du in El Born gewohnt?

Pia: Ich habe mir mit Jennie, der Freundin, mit der ich die Reise zusammen gemacht habe, ein Zimmer in einer WG geteilt. Insgesamt haben wir dort zu siebt gelebt, und das gar nicht so unkomfortabel. Es gab in der Wohnung zwei Badezimmer, eine große Küche und sogar einen Reinigungsservice inklusive.

Außerdem seid ihr ziemlich kreativ geworden, um euer WG-Zimmer etwas wohnlicher zu gestalten.

Pia: Da wir nur für vier Monate in der Wohnung waren, wollten wir nicht so viele Einrichtungsgegenstände neu kaufen. Um die leeren Wände zu füllen, haben wir uns deshalb einfach von der Straße inspirieren lassen und nach schönen Werbe- und Veranstaltungsplakaten gesucht, die wir mit in unsere Wohnung genommen in als Posterwand über unserem Bett arrangiert haben. Das war auch deshalb ganz cool, weil wir so immer noch einen zusätzlichen Anreiz hatten, nach draußen zu gehen und durch die Stadt zu streifen. Manchmal sind wir für die Suche nach Plakaten sogar extra in andere Stadtteile gefahren. Einige Fundstücke waren so schön, dass wir sie mit zurück nach Bremen genommen haben. Die hängen jetzt bei mir im Wohnzimmer.

Vorher und Nachher im WG-Zimmer von Pia und Jennie:
Mit Werbe- und Veranstaltungsplakaten brachten die beiden Farbe in ihr Zimmer.

Nach den vier Monaten Barcelona, wo habt ihr die restliche Zeit verbracht?

Pia: Die anderen drei Monate sind wir herumgereist: Zuerst waren wir in Madrid, dann haben wir eine Freundin in einem Dorf nahe Valencia besucht, haben uns Valencia Stadt angeschaut, sind weiter nach Lanzarote, von da aus nochmal an die spanische Südküste nach Málaga, Granada, Sevilla und Cádiz, und am Ende sind wir noch auf die Kanarischen Inseln geflogen.

Und wo war es am schönsten?

Pia: Am besten hat mir Sevilla gefallen. Ich wusste vorher nicht wirklich etwas über die Stadt und hatte keine großen Erwartungen. Wir haben unsere Route auch vor allem danach geplant, welche Orte gut erreichbar sind und wo wir kurzfristig eine Unterkunft finden. Und dann kamen wir abends in Sevilla an und sind im Dunkeln noch zum Plaza de España gelaufen – und es war so schön, wie an einem Filmset! Auch der Rest der Stadt hat uns so gut gefallen, dass wir Sevilla als einzigen Ort in der Zeit noch  ein zweites Mal besucht haben.

Pia (rechts) und ihre Freundin Jennie haben in den sieben Monaten viele Orte in Spanien erkundet. Die Stadt Sevilla gefiel ihnen besonders gut.

Du hast viele der bereisten Orte auch als Streetfotografin erkundet – was hat dich dabei inspiriert?

Pia: Jennie und ich haben da gerne eine kleine Challenge draus gemacht: Uns ein konkretes Thema überlegt und versucht, dieses in Bildern festzuhalten. Zum Beispiel das Thema „Typografie“ oder ein Farbmotto wie „Gelb“ oder „Pop of Color“ – dadurch sind wir dann mit etwas mehr Fokus losgezogen. Am Ende des Tages haben wir uns dann gegenseitig unsere Lieblingsmotive präsentiert.

Pia und Jennie verknüpften ihre Erkundungstouren gerne mit kleinen Fotografiechallenges.

 

Du bist ja erst seit Kurzem wieder zurück, aber gibt es Dinge, die du schon schmerzlich vermisst?

Pia: Auf jeden Fall vermisse ich es, so viel Zeit für Dinge zu haben. Wir konnten so viel Tolles unternehmen, und es war so viel los auf den Straßen. Auch die Landschaft und Natur vermisse ich, wir haben öfters Wandertouren in die Berge unternommen.

Aber natürlich war auch nicht alles toll, ich habe auch Dinge erlebt, die mich belastet haben: Zum Beispiel haben wir mehrere Menschen aus den Ländern Südamerikas getroffen – aus Kolumbien und Venezuela etwa –, für die es in ihrem Land zu gefährlich ist. Die in Spanien aber auch in einer Art Warteschleife sitzen, weil sie auf Papiere und Genehmigungen warten. Dann gibt es in Spanien gerade unter jungen Menschen eine hohe Arbeitslosigkeit. Die Freundin, die wir in der Nähe von Valencia besucht haben, zum Beispiel, ist extrem gut ausgebildet und qualifiziert, und trotzdem findet sie schon seit Ewigkeiten im Pädagogikbereich keinen vernünftigen Job. Und dann sitzen wir da ganz bequem mit unseren Laptops und können einen guten Job von überall aus machen und dabei noch das schöne Wetter genießen. Das hat sich nicht richtig fair angefühlt.

Könntest du dir trotzdem vorstellen, eine Workation in dieser Art nochmal zu wiederholen – oder vielleicht sogar auf Dauer im Ausland zu leben und zu arbeiten?

Pia: Also für immer könnte ich es mir nicht vorstellen, dafür bin ich einfach ein zu großer Familienmensch. Für eine gewisse Zeit schon, aber nicht nochmal so lange am Stück, damit ich nicht so viele Spieleabende mit meinen Geschwistern verpasse.

 



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